LYRIC
Wo bleiben meine Sinnen
1.
Wo bleiben meine Sinnen,
Wie trüb ist mein Verstand!
Wa– soll mein Herz beginnen
Wer ma¡t mir re¡t bekannt
Den Wunder-Bräutigam
Der dort am Kreuze–-Stamm
So blutend angeheftet
Al– unser Osterlamm?
2.
Ein Lämmlein wird erwürget,
Da– in Ägyptenland
Israel lo– gebürget
Von Pharaoni– Hand,
Au¡ von de– Würger– Ma¡t,
Der in der le|ten Na¡t
Ägypten– Erstgeburten
Mit S¡re¿en umgebra¡t.
3.
Könnt diese– Lämmlein reden?
E– sprä¡: I¡ bin’– do¡ ni¡t,
I¡ lasse mi¡ nur töten
Zum Zei¡en eurer Pfli¡t,
Da– re¡te Osterlamm
Hängt dort am Kreuze–stamm
Daß da– trägt eure Sünden
Al– ein Blut-Bräutigam.
4.
Ein Isaak ward geführet
Zu dem Berg Moriah,
Wie S¡la¡t-Lämmlein gebühret
Mit Fleiß gebunden da
Al– ein Brandopfer gar
Gelegt auf den Altar;
Do¡ wieder lo– gegeben,
Weil er ein Vorbild war.
5.
Der Midianiter Haufe
Gibt zwanzig Silberling
Dem Juda in dem Kaufe,
Der über Joseph ging
Der wüt’ge Brudermord
Treibt diese– Lämmlein fort,
Verkauft e– in Ägypten,
Vertilgt zu werden dort.
6.
De– Potiphar– Weib sinnet
Auf diese– Lämmlein– Mord
Bald, die–, bald da– beginnet,
Bibt gut und böse Wort,
Legt ihre S¡uld auf ihn,
S¡i¿t ihn zum Kerker hin,
Ist fleißig zu verderben
De– keus¡en Joseph– Sinn.
7.
Do¡ Joseph mußt ni¡t sterben,
Er kommt zum Fürstenstand,
E– müßte sonst verderben
Da– ganz Ägyptenland.
Vor Teurung bi– zum Tod,
Dieweil au¡ selbst kein Brot
In Kanaan zu finden,
In dieser Hunger–not.
8.
Mein Geist mö¡t in die Tiefen
De– Vorbild– Deutung gehn
Und mein Herz mö¡te prüfen
Wa– David eingesehn,
Der Gott so wohl gefiel
Mit seinem Saitenspiel,
Der Tag und Na¡t gesungen
Von Wundern ohne Ziel.
9.
Ihr sieben Augenzeugen
Im Rat der Ewigkeit,
Wollt und do¡ ni¡t– vers¡weigen
Vom Wunder aller Zeit.
Bringt un– an– Kreuze– Stamm
A¡ zeigt und Gotte– Lamm,
Erklärt un– alle Wunden
An unserm Bräutigam.
10.
Von Herzen–-Wunden Quellen
Zeugt Jesu blut’ger S¡weiß,
Die Angst und Not der Höllen
Ma¡t seine Seele heiß,
Die Marter Wellen-See.
Da– ganze Sünden-Weh
Muß unsern Goel taufen
Im Hof Gethsemane.
11.
Die S¡läfrigkeit bezwinget
Der Jünger Munterkeit,
Weil mit dem Tode ringet
Der Herr der Herrli¡keit;
A¡, spri¡t er, könnet ihr
Denn je|und ni¡t mit mir
Ein einz’ge Stunde wa¡en?
Weht, mein Verräter ist hier.
12.
Wa– denkt do¡ der Verräter
Er hält den Herrn gering,
Wie einen Übeltäter
Für dreißig Silberling,
Verkauft er Gott mit Fleiß
Verräteris¡er Wei–,
Küßt ihn mit fals¡en Munde
In seinem blut’gen S¡weiß.
13.
Drauf wird da– Lamm gefangen
In dieser Leiden–-Na¡t,
Mit S¡wertern und mit Stangen
Zu Kaipha– hingebra¡t,
In dieser großen S¡ma¡
Folgt Petru– Christo na¡
Bi– zu dem Hohenpriester,
Allein er war zu s¡wa¡.
14.
Der Rat su¡t fals¡e Zeugen,
Zu töten Gotte– Lamm,
Da– Lamm liebt stille– S¡weigen
Bei denen die ihm gram.
Selbst Petru– s¡ämte si¡
Und leugnet liederli¡
Daß er den Herren kennet,
Der ihn liebt innigli¡.
15.
Wa– soll da– Lamm nun ma¡en?
E– soll der Sünder sein,
E– ste¿t dem Tod im Ra¡en
Man läßt e– ganz allein,
E– siehet hinter si¡
Und bli¿t barmherzigli¡
Auf Petrum, bi– er weinet
Von Herzen bitterli¡.
(Der Zweite Teil)
16.
Kaum kommt die Morgenstunde,
Na¡ der betrübten Na¡t,
So wird zum Mörderbunde
Ges¡wind zusammen bra¡t
Die fals¡e Priesters¡aft,
Der Ältesten Bo–heitkraft,
Damit da– Lamm ges¡winde
Zum Tod werd hingerafft.
17.
Selbst Juda–, al– er höret
Von diesem Tode–-Rat,
Kommt reuend und begehret
Zu s¡elten böse Tat,
Spri¡t frei vor jedermann:
I¡ hab Unre¡t getan,
Uns¡uldig– Blut verraten,
Do¡ niemand nimmt si¡– an.
18.
Nun will si¡ Juda– lösen
Mit dreißig Silberling,
Die er von Rat der Bösen
Zuvor mit Lust empfing,
O weh der späten Reu,
Die Bußzeit ist vorbei,
Er gibt da– Blutgeld wieder,
Do¡ niemand spri¡t ihn frei.
19.
Au¡ niemand kann ihn strafen
And dieser ganzen Rott,
Denn sie sind selber Sklaven
Der hö¡sten Missetat,
Drum hebt er si¡ davon
Und muß zu seinem Lohn
Si¡ selbst mit eignen Händen
Weg von der Erden tun.
20.
Hört wa– die Priester sagen:
Da– Blutgeld tauget ni¡t
In Gotte– S¡a| zu tragen;
Zum Zeugni– zum Geri¡t,
Auf diese böse Tat
Bes¡ließt der ganze Rat,
Daß man– dem Töpfer gebe,
Wie Gott geboten hat.
21.
Der Töpfer-A¿er werde
Zum Erbbegräbni– nun,
Damit do¡ in der Erde
Die Pilger können ruhn,
O Herr der ganzen Welt,
Mußt du mit Blut und Geld
Die Erde wieder kaufen
O wie ist da– bestellt?
22.
Do¡ unser– Lämmlein– Jäger
Gehn tro|ig mit ihm fort,
Pilatu– dem Landpfleger
Am ri¡terli¡em Ort
Zu liefern diese– Pfand
Daß dur¡ der Sünder Hand
Sein Leben werd gerissen
Au– der Lebend’gen Land.
23.
Pilatu– kann ni¡t finden
Den Grund der Missetat,
Warum man den tut binden,
Der ni¡t– vers¡uldet hat.
Do¡ sieht er wohl den Neid,
Der Priester Bitterkeit,
Und merket au¡ daneben
De– Lämmlein– Leidsamkeit.
24.
Bist du der Juden König?
Pilatu– spöttli¡ fragt,
Do¡ Christu– a¡tet’– wenig
Und spri¡t: Du hast’– gesagt.
Wie hart man ihn verklägt,
Er seinen Mund ni¡t regt
Weil keine Widerrede,
Er in dem Herzen hegt.
25.
Die– siehet der Landpfleger
Ganz mit Bestürzung an,
Daß er vom S¡uldenträger
Kein Wörtlein hören kann,
Denkt der Gewohnheit– Pfli¡t,
Wie er vom Hal–-Geri¡t
Auf– Fest hat lo– gegeben
S¡on man¡en Bösewi¡t.
26.
Drum gibt er’– zu mit Fleiße,
Daß Jesu– Sünder sei
Und denkt na¡ alter Weise
Ihn bald zu geben frei,
Er stellet Barabam
Bei unsern Bräutigam,
Kommt, sagt do¡, wer soll leben,
Ihr Kinder Abraham.
27.
De– Ri¡ter– Weib erkennet
Die Ungere¡tigkeit,
So heilig wird genennet
Au– priesterli¡em Neid,
Sie faßt si¡ einen Mut,
Will ihrem Mann zu gut,
Er soll si¡ ni¡t vers¡ulden
An de– Gere¡ten Blut.
28.
Seht wa– die Blinden-Leiter
Mit ihrer Kunst ni¡t tun,
Sie ma¡en trüb wa– heiter
Und können do¡ ni¡t ruhn
Bi– man in Israel
Verdammt Immanuel
Und einen Mörder wählet,
Zu würgen Leib und Seel.
29.
Pilatu– will uns¡uldig
An diesem Blute sein,
Da– Lämmlein ist geduldig
Und hört der Sünder S¡rei’n
Mit einem fre¡en Mut:
E– komme all sein Blut
Auf un– und unsre Kinder,
So bind’t man si¡ die Rut.
30.
Da– Urteil wird verfasset,
Daß Jesu– sterben muß,
Wer’– re¡t bedenkt, erblasset
Bei diesem Tode–-S¡luß,
Man greift den Fürsten an,
Führt ihm zum Marterplan,
Man wollt die Uns¡uld geißeln,
Sehe, wa– die Bo–heit kann.
31.
Nun kommt, ihr Jakob–-Kinder,
Kommt seht wa– soll ges¡ehn,
Kommt alle her, ihr Sünder,
Kommt, wollt ihr Jesum sehn.
Allhier im Tränental
Steht er am Marterpfahl
Und will si¡ geißeln lassen
Au– Lieb für sein Gemahl.
32.
Wer hat di¡ überwunden,
Du ritterli¡er Held,
Mit Stri¿en angebunden,
Zum S¡auspiel dargestellt
Der Krieg–kne¡t geißelt di¡,
Die Engel bü¿en si¡
Und lassen di¡ von Sündern
Zerpeits¡en jämmerli¡.
33.
Nun muß die Dornen-Krone
Zu unser– Heiland– Pein,
Au– Bo–heit, Gott zum Hohne,
Mit Fleiß geflo¡ten sein,
Auf unser– Bräutigam– Haupt
Man spri¡t, wa– man ni¡t glaugt,
Je|t nennt man einen König
Den man so hart gestäupt.
34.
Ihr Spötter, laßt eu¡ sagen,
Den Purpurmantel trägt,
Der, den ihr habt ges¡lagen
Und ihn damit belegt.
Ja, spottet seiner hie
Und beuget eure Knie,
Ihr werdet no¡ empfangen
Den Lohn für eure Müh.
35.
Wie daß ihr ni¡t errötet
Vor dessen Angesi¡t,
Den man uns¡uldig tötet,
Ist diese– eure Pfli¡t,
Daß ihr ihn speiet an?
Wa– hat er dann getan,
Daß man in seinen Leiden
Ihn ni¡t g’nug s¡mä¡en kann?
36.
Ist dann ni¡t–, da– vergnüget
Da– tro|’ge Sünder-Herz,
Da– si¡ so spöttli¡ s¡mieget
Und treibet lauter S¡erz,
Man de¿t sein Angesi¡t,
Man s¡lägt ihn drein und spri¡t:
Weissage un–, o Christe,
Kennst du den Täter ni¡t?
37.
Ein Rohr wird ihm gegeben
In seine re¡te Hand,
Den man allhier zum Leben
Ni¡t würdig hat erkennt,
Man nimmt’– ihm au¡ in Wut
Und s¡lägt mit fre¡em Mut
Ihm auf die Dornen Krone
Und ma¡t sein Haupt voll Blut.
38.
Drauf wird da– Lamm geführet
Den Wölfen vor’– Gesi¡t
Mit heil’gem Blut gezieret,
Do¡ Israel will ni¡t
Daß man die Wahrheit seh,
Drum steiget in die Höh,
Ein rufende– Getöne:
Kreuzige, Kreuzige!
39.
Pilatu– und Herode–,
Die sonst einander feind,
Seh’n keine S¡uld de– Tode–
Und werden drüber Freund,
Der Fu¡– trieb Spötterei,
Der Ri¡ter geb gern frei,
Wenn nur die armen Juden
Ni¡t trieben sol¡ ges¡rei.
(Der Dritte Teil)
40.
Wo bist du hingekommen,
Verwund’te– Gotte–lamm?
Die Tat wird vorgenommen,
Man gibt den Kreuze–stamm
Den wunden Rü¿en hin,
Zum Tragen und zum Ziehn,
Do¡ bist du s¡on entkräftet
Und sinkst darunter hin.
41.
I¡ seh auf Jesu Rü¿en,
Viel Geißel-Striemen stehn
Da si¡ da– Lamm tut bü¿en
Und hin zum Tode gehn
Mit seiner s¡weren Last,
Die e– hat aufgefaßt,
Da– Kreuz, den Flu¡ der Sünde,
Verspottung, Hohn und Prast.
42.
Du gehst dem Tod entgegen
Zum Berge Golgatha,
Da– Lö–geld abzulegen
Al– unser Bürge da.
O sieh auf mi¡ zurü¿
Mit einem wunden Bli¿,
Und gieb mir deinen Segen,
O aller Himmel Glü¿.
43.
Der s¡önste aller S¡önen
Von göttli¡em Ges¡le¡t,
Der unter allen Söhnen
Und Tö¡tern bleibt gere¡t,
Der Glanz der Herrli¡keit,
Da– Li¡t der Gnadenzeit,
Die Sonne der Gere¡ten,
Der Engel Lust und Freud.
44.
Wird zwis¡en Übeltätern
Zum Galgenfeld geführt,
Wie Räubern und Verrätern
Und Mördern sonst gebührt,
Wie kommt e– do¡, daß man
Si¡ no¡ erthalten kann,
Von blut’gen Tränen weinen
Wenn man die– siehet an.
45.
Zwar sieht man Tränen fließen
Beim weibli¡en Ges¡le¡t
Dieweil sie sehen müssen
Daß man so ungere¡t
Mit Gotte– Sohn umgeht,
All seine Gunst vers¡mäht
Und seine teure Worte
Al– Teufelei verdreht.
46.
Die To¡ter Salem– weinen
Weil sie den S¡önsten sehn,
Wie’– aller Welt tut s¡einen,
So früh zugrunde gehn,
Weil seine–glei¡en man
Sonst nirgend– finden kann,
Und er si¡ ni¡t vermehret,
Wie andere getan.
47.
Do¡ unser Bräut’gam stiftet
Nun eine bess’re Eh’,
Die ni¡t so sehr vergiftet
Dur¡ bittre– Sünden-Weh,
Gott baut au– seinem Leib
Ihm nun ein keus¡e– Weib,
Die au¡ beim Kinder-Zeugen
Die reinste Jungfrau bleibt.
48.
Do¡ weil der Bräut’gam kennet,
Wa– zarte Liebe tut,
Hält er si¡ ni¡t getrennet,
Sein Haupt gefärbt mit Blut
Sieht leidsamli¡ zurü¿
Und tut no¡ einen Bli¿
Auf Jerusalem– Tö¡ter,
Und wüns¡et ihnen Glü¿.
49.
Spri¡t: Tö¡ter, wollt ihr weinen,
So weint ni¡t über mi¡
A¡ weinet über keinen,
Der so gelebt wie i¡,
Wann er von hinnen geht,
Und mit mir wird erhöht.
So wird er Samen haben,
Der ewig ni¡t vergeht.
50.
Weint, weint ihr armen Sünder,
A¡ weinet über eu¡,
Weint über eure Kinder,
Die dürrem Holze glei¡,
Zum Feuer sind gespart;
Weil sie ni¡t von der Art
Wie meine grüne Reben,
Die Gott dur¡– Kreuz bewahrt.
51.
Fürwahr, fürwahr i¡ sage
Eu¡, die ihr mi¡ seht heut,
E– kommen no¡ die Tage
Der großen Traurigkeit,
Worin man selig preist
Den jungfräuli¡en Geist
Der bei den Wollust Brüsten
Vorüber ist gereist.
52.
Die Brüste, die ni¡t säugen
Da– Kind der Eitelkeit,
Die Leiber die si¡ beugen
Zum Kreuz mit Ledigkeit
In jungfräuli¡er Zu¡t,
Die sind’–, die Jesu– su¡t,
Und in den Ewigkeiten
Bringt ihrer Liebe Fru¡t.
53.
Nun laßt un– mit dem Samen
Der ew’gen Jungfraus¡aft
In unser– Gotte– Namen
Dur¡ seine– Vater– Kraft
Mit Jesu gehen fort
Dorthin zum S¡la¡tungsort,
Bi– daß wir re¡t erbli¿en
Die sel’ge Himmel–-Pfort.
54.
Wa– tut si¡ hier entde¿en?
E– ist die S¡ädelstätt.
Wer sollte ni¡t ers¡re¿en,
O König und Prophet,
O Gott und Mens¡en Sohn,
Sollst du der Sünder Lohn
Mit diesen zweien Mördern
No¡ tragen gar davon?
55.
I¡ seh na¡ Römer Weise
Da– Kreuze legen hin
Und daß man di¡ mit Fleiße
Ganz na¿end au– tut ziehn,
Da sieht man wa– die Welt
Von ihrem S¡öpfer hält,
Wa– muß sie an dir sehen,
Da– ihr so gar mißfällt?
56.
Unreine Hände fassen
Den heil’gen Lei¡nam an,
Man muß sie ma¡en lassen
Vor Gott und jedermann.
Da– Holz ist rau¡ und hart,
Der Rü¿en wund und zart,
Do¡ wird er drauf geleget
Vor Gotte– Gegenwart.
57.
Die Nägel und der Hammer
Sind au¡ s¡on bei der Hand,
Zu mehren S¡merz und Jammer
In diesem Marterstand,
Man treibt die Nägel ein,
So daß Herz, Mark und Bein
Mit S¡merzen wird dur¡drungen,
Wa– könnt betrübter sein?
58.
Wie Isaak lag gebunden
Auf jenem Bund-Altar,
So wird da– Lamm voll Wunden
Auf– Holz genagelt gar,
Mit Pein geri¡tet auf,
Den s¡weren Leiden–lauf
Re¡t s¡merzli¡ zu erfüllen
In dieser Blute–-Tauf.
59.
Mein Herz, s¡au deinen Bürgen,
Erkenne seine Huld
Wie e– si¡ lässet würgen
Für di¡ und deine S¡uld
Wie Trauern, Spott und Pein
Und wa– kann grausam sein
Au– jedem Höllen-Winkel
Ihm dringt in– Herz hinein.
60.
Die Sonne kann ni¡t s¡einen
Bei dieser bösen Tat,
Die sie zum Blute weinen
S¡on lang gereizet hat.
Wie s¡wärzet sie ihr Li¡t,
So daß kein Zweifel ni¡t
Die Gottheit steht im Leiden,
Wie jener Heide spri¡t.
61.
Allein die Priester, Fürsten,
Die sind und bleiben blind,
Al– die na¡ Blute dürsten
Und unersättli¡ sind.
Die Sonne leu¡tet ni¡t
Und ihr vernünftig Li¡t
Will au¡ dur¡au– ni¡t sehen
Von allem wa– ges¡ieht.
62.
S¡au do¡ geehrte Freundin,
Du To¡ter Abraham–,
Wa– ma¡t die Welt, die Feindin,
Mit deinem Bräutigam?
Sag, herzest du denn Mann,
Den sie mit Flu¡ und Bann
So grausam übers¡üttet
Vor Gott und jedermann?
63.
Wer nun vorübergehet,
Wär’– glei¡ der ärmste Troft,
Der lästert, s¡ändet, s¡mähet
Und s¡üttelt seinen Kopf.
Pfui di¡, heißt e–, wie fein,
Reißt du den Tempel ein,
Baust ihn in dreien Tagen
Und stirbst in S¡merz und Pein.
64.
Hilf dir nun selbst und zeige
Zu deiner Feinde Hohn,
Daß du vom Kreuz kannst steigen,
Wann du bist Gotte– Sohn.
Der Hohenpriester Mund
Der S¡riftgelehrten Grund
Der Ält’sten Wei–heit–-Dünkel
Stimmt au¡ zum Läster-Bund.
65.
Ihr Au–spru¡ s¡eint bedä¡tli¡
Au– ihrem S¡alkheit-Kram,
Die Rede klingt verä¡tli¡
Vor unserm Bräutigam,
Seht, diese– ist der Mann,
Der andern Gut’– getan
Und kann si¡ selbst ni¡t helfen,
Da– siehet jedermann.
66.
Ist er Israel– König,
So steig Er nun herab,
Daß wir ihm untertänig
Verbleiben bi– in– Grab,
Wir wollen Ihn al–dann
Im Glauben nehmen an,
Wann er sein Re¡t zur Krone
Hiermit erweisen kann.
67.
Er hat auf Gott vertrauet
Und spra¡: I¡ bin sein Sohn,
Wenn’– Gott ni¡t vor Ihm grauet,
So helf er Ihm davon.
Hat die– ni¡t einen S¡ein?
Seht, wie in S¡merz und Pein
Der eine arme S¡ä¡er
Mit diesem S¡luß stimmt ein.
68.
Wohlan, mein Herz, betra¡te
Wie au¡ de– Mörder– Mund
Den Herrn der Welt vera¡te,
Zu lieb dem Läster-Bund
Der fals¡en Priester-Rott,
Spri¡t er mit Hohn und Spott:
Hilf dir und un– zuglei¡e,
Wann du gesalbt von Gott.
69.
Wer wird die Mutter bre¡en
In S¡merzen, Spott und Hohn?
Wer wird: Glü¿ zu! Nun spre¡en
Dem König Salomon?
De– andern S¡ä¡er– Grund
Bringt– Ölblatt in den Mund,
Rühmt unser– König– Krone,
Umfaßt den Leiden–-Bund.
70.
Er redet wie ein Wä¡ter
Bei dieser S¡eidung–-Pfort;
Bestrafet die Verä¡ter
Mit wohl gewürztem Wort:
Er zu dem ersten spri¡t:
Und du für¡t’st Gott au¡ ni¡t
Da du do¡ bist verdammet
Mit un– vom Blut-Geri¡t.
71.
Und da wir Lohn empfangen
Für unsre Taten s¡wer,
Hat dieser ni¡t– begangen
Da– unges¡i¿t nur wär.
Merk, Seele, wa– ges¡ieht,
Erkenntli¡keit bringt Li¡t:
Der S¡ä¡er lernet sehen
Wa– Caipha– siehet ni¡t.
72.
So bli¿et man dur¡– Gitter,
Wenn man si¡ s¡uldig gibt;
Und Gott erbarmt si¡ wieder,
Den man zuvor betrübt.
Man bringet in den Bund
Am Kreuz mit Herz und Mund,
Und hört der Wei–heit Wunder,
In– Herzen– tiefstem Grund.
73.
Wa– ma¡t den S¡ä¡er reden?
Sag, wa– muß ihm do¡ sein?
Da– Wunder dre Propheten,
E– fällt ihm plö”li¡ ein,
Daß Rat und Hilf zuglei¡,
In Christi Königrei¡,
Au– diesem Kreuz-Tod grüne,
Al– Jesse edler Zweig.
74.
Drum kehrt er si¡ von Herzen
Zu seinem Goel hin,
In Blut und Tode–-S¡merzen,
Mit Lieb verliebtem Sinn
Gibt er dem Lamm die Ehr,
Spri¡t: Denke mein, o Herr,
Wann du kommst in dein Rei¡e!
O ja, da– fällt ni¡t s¡wer.
75.
Dem Herzen, da– s¡on träget,
Die Last der ganzen Welt,
Und si¡ so gern darleget,
Zum teuren Lösegeld;
De– Sünder– reuend Herz,
Versüßt ihm s¡on den S¡merz,
E– kann si¡ ni¡t enthalten,
E– teilet Herz mit Herz.
76.
Und wa– die Herzen füllet
Fließt au¡ zum Mund herau–,
Der Wuns¡ wird bald erfüllet,
Der Bräut’gam eilt na¡ Hau–.
Mit seiner werten Braut
Die Ihm am Kreuz vertraut.
Mit glei¡em S¡merz und Wunden
Wohl dem, dem’– hier ni¡t graut.
77.
Heut! Heut! O selig– Heute!
So spri¡t de– König– Mund,
Fürwahr, fürwahr, i¡ leite
Dur¡ diesen Leiden–grund
Die– S¡af in– Paradei–.
Ganz wunderbarer Wei–’
Seht wie der Weinsto¿ blühet
Bei blut’gem Tode–-S¡weiß.
78.
Der Kreuze–dorn bringt Rosen,
Und sti¡t do¡ immer fort,
Drum wissen die Ru¡losen
Von ni¡t– al– Grimm und Mord,
Der Zorn will sein gestillt,
Die S¡rift muß sein erfüllt,
Gott geb gesalbte Augen
Zu diesem Marterbild.
79.
De– Hohenpriester– Bitte,
Für die so ihn getöt,
Stellt un– hier in die Mitte,
Da– Wort der Majestät,
Da– dur¡ Verheißung–-Kraft,
Den Zorn hat weggeraft
Und au¡ nur armen Sündern
Ein neue– Herze s¡afft.
80.
Wer kann die– Wunder s¡reiben,
Da– si¡ hie meldet an?
E– muß versiegelt bleiben,
No¡ heut vor jedermann,
Bi– Geist und Blute–-Tauf,
Im Herzen siegelt auf
Den ew’gen Hohenpriester
In seinem Leiden–lauf.
81.
S¡au, Christu– will eingehen,
In– Heil’ge dur¡ sein Blut,
Drum lässet er un– sehen,
Wer er da– Opfer tut,
Ganz na¿end, ohne Kleid,
Dann die Gere¡tigkeit,
Hat den zum Lamm erlesen,
Der alle Lämmer weidt.
82.
Dort mußt si¡ Aaron kleiden,
Mit priesterli¡em S¡mu¿,
Und Christu– läßt im Leiden,
Sein ganze– Kleid zurü¿.
Die Krieg–kne¡t teilen hie,
Für ihre S¡la¡tung–-Müh,
Die Kleider, wie ges¡rieben,
Den Ro¿ verlosen sie.
83.
De– Hohenpriester– Hände,
Sind angenagelt fest,
Die Arbeit eilt zum Ende,
Wenn man si¡ martern läßt.
O sel’ge Leiden–pein,
Wer sieht di¡ gründli¡ ein,
Du Segen aller Dinge,
Die je ges¡affen sein.
84.
Da– Wort, so alle– träget
In starker Gottheit–-Kraft
Versorget und verpfleget
Mit Geist und Leben–-Saft,
Wodur¡ die ganze Welt,
Ges¡affen und bestellt,
Daß sie im Wesen bleibet
So lang e– ihm gefällt.
85.
Die– Kraft-Wort steht im Leiden,
Im Samen Abraham,
Für Juden und für Heiden
Al– Priester, Fürst und Lamm,
Und leidet’– gern, daß man
Ihm antut wa– man kann,
Nur Galle in dem Essig
Nimmt e– im Durst ni¡t an.
86.
Die– ist der Tag der Krönung
Für unsern Salomon,
Die ewige Versöhnung
Bringt unser– König– Kron.
Die Übers¡rift gezeigt
Wa– alle Welt vers¡weigt,
Daß in drei Königrei¡en
Ihm Ma¡t und Zepter wei¡t.
87.
Seht seine S¡ultern tragen
Die Herrs¡aft und da– Rei¡,
Do¡ heimli¡ und mit Zagen
Sein Angesi¡t wird blei¡.
Er ruft sein blasser Mund
In dieser Krönung–stund:
Wie hast du mi¡ verlassen,
Mein Gott, mein Gott, je”und?
88.
Da steht de– König– Mutter
Und siehet alle– an,
Nebst unser– Bräut’gam– Bruder,
Seht, wa– die Leibe kann.
Da– S¡la¡t-S¡af sieht auf sie
Und auf den Jünger hie,
Den Lieben ihr zu s¡enken
Für ihre S¡merzen–-Müh.
89.
Da– Opfer eilt zum Ende,
Drum spri¡t der Held: Mi¡ dürst,
Die blut’gen Sünder-Hände
Halten dem Frieden–fürst
Den S¡wamm mit Essig hin,
Die Uns¡uld trinket ihn,
So wird die S¡rift erfüllet
Dur¡ Jesu Leiden–-Sinn.
90.
Den Geist tut er befehlen
In seine– Vater Hand,
Der Leib läßt si¡ entseelen
Zum Opfer, wie bekannt,
Der Welt zu guter Na¡t
Spri¡t er: E– ist vollbra¡t.
Er neigt sein Haupt und stirbet
Al– Ritter in der S¡la¡t.
91.
Mein Herze, sei do¡ stille,
Nun kommst du weiter ni¡t,
Die rei¡e Gotte–-Fülle
Wä¡st dur¡ da– Blut-Geri¡t.
O Wunder aller Zeit,
O Kraft der Ewigkeit,
Wer kann un– etwa– sagen
Von der Verborgenheit?
92.
Wir sehen zwar die Zei¡en,
Die äußerli¡ ges¡eh’n,
Wer kann den Sinn errei¡en,
Wie alle– zu versteh’n?
Erstaunen kommt un– an
Bei diesem Gotte–-Mann,
Der sterbend konnt vertreiben
Der Sünden Flu¡ und Bann.
93.
Wie aber, wenn wir’– wagen,
Zu sammeln von der Sa¡,
Die wir ni¡t können sagen.
Wir tragen unsre S¡ma¡
Vor jedermann– Geri¡t,
Daß wir e– treffen ni¡t,
Do¡ wird un– können dienen
Da– allerkleinste Li¡t.
94.
Der Vorhang muß zerreißen
Dem Allerheiligsten,
Die Ehre zu erweisen
Dem, der hinein wird gehn,
Na¡dem er hat sein Blut
Vergossen, un– zu gut,
Kraft, Kleid und Leib gewaget,
In seinem Leiden–-Mut.
95.
Die Felsen selbst versiegeln
Da– Wort der Majestät,
Weil sie ni¡t mehr verriegeln
Den S¡all, der dur¡ sie geht,
Die Wiederbringung–-Kraft,
Die alle– neue s¡afft,
Bri¡t nun dur¡ alle Dinge,
Ma¡t Bahn zur Leidens¡aft.
96.
Wie bebt der Krei– der Erden,
Wa– muß in Gräbern sein,
Daß sie eröffnet werden?
Bri¡t Jesu Tode–-Pein
Dann Riegel, S¡loß und Tür
An Höll und Grab allhier,
So werden selbst die Toten
Bald wieder gehn herfür.
97.
Viel Heil’ger Leiber kommen,
Na¡dem der Held im Streit
Dem Tod die Ma¡t genommen,
Al– dessen Siege–-Beut,
Mit den’ sie aufersteh’n
Und au– den Gräbern geh’n,
Sie lassen hin und wieder
In heil’ger Stadt si¡ sehn.
98.
Wa– soll i¡ weiter sagen?
O du, mein arme– Herz,
Auf meine Brust zu s¡lagen
Mit Demut, Reu und S¡merz,
Wie jene– Häuflein tat,
Da– zugesehen hat,
Wie Jesu– ist gestorben,
Wär’– wohl der beste Rat.
99.
Da selbst die Felsen reißen,
Willst du no¡ härter denn,
Mein Herze, di¡ erweisen?
O da– kann ni¡t bestehn.
S¡au, wie’– dem Hauptmann geht,
Der bei dem Kreuze steht,
Al– er mit seinen Dienern
Jesum bewahren tät.
100.
Er kann si¡ ni¡t enthalten,
No¡ die, die mit ihm sind,
Sein Herz mö¡t ihm zerspalten,
Von Reu und Lieb enӟndt,
Spri¡t er: Fürwahr ist’– wahr,
Da– dieser Mens¡ fromm war,
Und Gotte– Sohn gewesen,
Die Wunder ma¡en’– klar.
101.
Die Freunden und Verwandten
Stehn no¡ von ferne dort,
Den Lieben und Bekannten
Wird Herz und Ohr dur¡bohrt,
Maria Magdalen
Maria und Salome
Die Weiber die ihm dienten
Mit ihrer Hab und Müh.
102.
Herz, laß un– au¡ hier bleiben
Bei unserm Osterlamm,
Da– Eh-erlöbni– s¡reiben
Mit unserm Bräutigam,
In S¡merz und Tode–-Pein,
Der Speer dringt s¡on hinein,
Da Herz der ew’gen Liebe
Wird bald eröffnet sein.
103.
Maria, die Betrübte,
Die große Sünderin,
Johanne–, der Geliebte,
Sind na¡ de– Bräut’gam Sinn.
Wer stellt si¡ ferner ein?
Mein Herze, sag ni¡t nein,
Die offne Seiten-Höhle
Wird Gotte– Brünnlein sein.
104.
Johanne– der bes¡reibet
Wa– er gesehen hat,
Wa– man ihm billig glaubet
Na¡ Gotte– Wink und Rat;
Da– Wasser und da– Blut,
Da– unserm Geist zu gut
Au– dieser Quelle fließt,
Wo unsre Liebe ruht.
105.
Nun kommt die Abendstunde,
Wer hat ein neue– Grab?
Wer steht mit Gott im Bunde?
Wer nimmt den Lei¡nam ab?
O, da– muß Joseph sein,
Ein Herz, da– keus¡ und rein,
Ein Rat–herr der zum Bösen
Ni¡t hat gewilligt ein.
106.
Hier sieht man ni¡t– al– Wunder,
Ob man’– s¡on ni¡t versteht,
Wird do¡ der Liebe– Zunder
Gar liebli¡ angeweht
Au– Jesu Leidens¡aft,
Vom Odem seiner Kraft.
Der Anbli¿ dieser Lei¡e
Bringt Geist und Leben–saft.
107.
Den frommen Nikodemu–
Zieht au¡ der Leib–-Magnet
Zu sein bei dem Begräbni–
Wo man zu Grabe geht,
Mit einem Mens¡en-Sohn,
Der auf dem hö¡sten Thron
Der Majestät soll si”en
Und tragen Gotte– Kron.
108.
Der Lei¡nam wird bewunden,
Wie man bei Rei¡en tut,
Man brau¡t bei hundert Pfunden
Von Spezereien gut,
Die Liebe hat’– getan,
Die Liebe nimmt e– an,
Die Liebe will’– belohnen
In– Himmel– Kanaan.
109.
Man träget in die Erde
Den Weizen, daß er sehr
Dadur¡ vermehret werde,
Drum fällt e– ni¡t so s¡wer,
So ist au¡ unser Herr.
Gestroben auf da– er
Im Grab und Tod mö¡t zeugen
Ein himmelis¡e– Heer.
110.
Do¡ trauern sehr die Seinen,
Weil sie verlassen sind,
Maria su¡t mit Weinen
Den Herrn, bi– sie ihn find’t.
Mein Herz, wa– ma¡st denn du?
O weine au¡ dazu,
Bi– Jesu– in dir lebet,
Na¡ seiner Grabe– Ruh.
Amen.
1.
Wo bleiben meine Sinnen,
Wie trüb ist mein Verstand!
Was soll mein Herz beginnen
Wer macht mir recht bekannt
Den Wunder-Bräutigam
Der dort am Kreuzes-Stamm
So blutend angeheftet
Als unser Osterlamm?
2.
Ein Lämmlein wird erwürget,
Das in Ägyptenland
Israel los gebürget
Von Pharaonis Hand,
Auch von des Würgers Macht,
Der in der letzten Nacht
Ägyptens Erstgeburten
Mit Schrecken umgebracht.
3.
Könnt dieses Lämmlein reden?
Es spräch: Ich bin’s doch nicht,
Ich lasse mich nur töten
Zum Zeichen eurer Pflicht,
Das rechte Osterlamm
Hängt dort am Kreuzesstamm
Daß das trägt eure Sünden
Als ein Blut-Bräutigam.
4.
Ein Isaak ward geführet
Zu dem Berg Moriah,
Wie Schlacht-Lämmlein gebühret
Mit Fleiß gebunden da
Als ein Brandopfer gar
Gelegt auf den Altar;
Doch wieder los gegeben,
Weil er ein Vorbild war.
5.
Der Midianiter Haufe
Gibt zwanzig Silberling
Dem Juda in dem Kaufe,
Der über Joseph ging
Der wüt’ge Brudermord
Treibt dieses Lämmlein fort,
Verkauft es in Ägypten,
Vertilgt zu werden dort.
6.
Des Potiphars Weib sinnet
Auf dieses Lämmleins Mord
Bald, dies, bald das beginnet,
Bibt gut und böse Wort,
Legt ihre Schuld auf ihn,
Schickt ihn zum Kerker hin,
Ist fleißig zu verderben
Des keuschen Josephs Sinn.
7.
Doch Joseph mußt nicht sterben,
Er kommt zum Fürstenstand,
Es müßte sonst verderben
Das ganz Ägyptenland.
Vor Teurung bis zum Tod,
Dieweil auch selbst kein Brot
In Kanaan zu finden,
In dieser Hungersnot.
8.
Mein Geist möcht in die Tiefen
Des Vorbilds Deutung gehn
Und mein Herz möchte prüfen
Was David eingesehn,
Der Gott so wohl gefiel
Mit seinem Saitenspiel,
Der Tag und Nacht gesungen
Von Wundern ohne Ziel.
9.
Ihr sieben Augenzeugen
Im Rat der Ewigkeit,
Wollt und doch nichts verschweigen
Vom Wunder aller Zeit.
Bringt uns ans Kreuzes Stamm
Ach zeigt und Gottes Lamm,
Erklärt uns alle Wunden
An unserm Bräutigam.
10.
Von Herzens-Wunden Quellen
Zeugt Jesu blut’ger Schweiß,
Die Angst und Not der Höllen
Macht seine Seele heiß,
Die Marter Wellen-See.
Das ganze Sünden-Weh
Muß unsern Goel taufen
Im Hof Gethsemane.
11.
Die Schläfrigkeit bezwinget
Der Jünger Munterkeit,
Weil mit dem Tode ringet
Der Herr der Herrlichkeit;
Ach, spricht er, könnet ihr
Denn jetzund nicht mit mir
Ein einz’ge Stunde wachen?
Wseht, mein Verräter ist hier.
12.
Was denkt doch der Verräter
Er hält den Herrn gering,
Wie einen Übeltäter
Für dreißig Silberling,
Verkauft er Gott mit Fleiß
Verräterischer Weis,
Küßt ihn mit falschen Munde
In seinem blut’gen Schweiß.
13.
Drauf wird das Lamm gefangen
In dieser Leidens-Nacht,
Mit Schwertern und mit Stangen
Zu Kaiphas hingebracht,
In dieser großen Schmach
Folgt Petrus Christo nach
Bis zu dem Hohenpriester,
Allein er war zu schwach.
14.
Der Rat sucht falsche Zeugen,
Zu töten Gottes Lamm,
Das Lamm liebt stilles Schweigen
Bei denen die ihm gram.
Selbst Petrus schämte sich
Und leugnet liederlich
Daß er den Herren kennet,
Der ihn liebt inniglich.
15.
Was soll das Lamm nun machen?
Es soll der Sünder sein,
Is steckt dem Tod im Rachen
Man läßt es ganz allein,
Es siehet hinter sich
Und blickt barmherziglich
Auf Petrum, bis er weinet
Von Herzen bitterlich.
16.
Kaum kommt die Morgenstunde,
Nach der betrübten Nacht,
So wird zum Mörderbunde
Geschwind zusammen bracht
Die falsche Priesterschaft,
Der Ält’sten Bosheitskraft,
Damit das Lamm geschwinde
Zum Tod werd hingerafft.
17.
Selbst Judas, als er höret
Von diesem Todes-Rat,
Kommt reuend und begehret
Zu schelten böse Tat,
Spricht frei vor jedermann:
Ich hab Unrecht getan,
Unschuldigs Blut verraten,
Doch niemand nimmt sichs an.
18.
Nun will sich Judas lösen
Mit dreißig Silberling,
Die er von Rat der Bösen
Zuvor mit Lust empfing,
O weh der späten Reu,
Die Bußzeit ist vorbei,
Er gibt das Blutgeld wieder,
Doch niemand spricht ihn frei.
19.
Auch niemand kann ihn strafen
Aud dieser ganzen Rott,
Denn sie sind selber Sklaven
Der höchsten Missetat,
Drum hebt er sich davon
Und muß zu seinem Lohn
Sich selbst mit eignen Händen
Weg von der Erden tun.
20.
Höret was die Priester sagen:
Das Blutgeld tauget nicht
In Gottes Schatz zu tragen;
Zum Zeugnis zum Gericht,
Auf diese böse Tat
Beschließt der ganze Rat,
Daß mans dem Töpfer gebe,
Wie Gott geboten hat.
21.
Der Töpfer-Acker werde
Zum Erbbegräbnis nun,
Damit doch in der Erde
Die Pilger können ruhn,
O Herr der ganzen Welt,
Mußt du mit Blut und Geld
Die Erde wieder kaufen
O wie ist das bestellt?
22.
Doch unsers Lämmleins Jäger
Gehn trotzig mit ihm fort,
Pilatus dem Landpfleger
Am richterlichem Ort
Zu liefern dieses Pfand
Daß durch der Sünder Hand
Sein Leben werd gerissen
Aus der Lebend’gen Land.
23.
Pilatus kann nicht finden
Den Grund der Missetat,
Warum man den tut binden,
Der nichts verschuldet hat.
Doch sieht er wohl den Neid,
Der Priester Bitterkeit,
Und merket auch daneben
Des Lämmleins Leidsamkeit.
24.
Bist du der Juden König?
Pilatus spöttlich fragt,
Doch Christus achtet’s wenig
Und spricht: Du hast’s gesagt.
Wie hart man ihn verklägt,
Er seinen Mund nicht regt
Weil keine Widerrede,
Er in dem Herzen hegt.
25.
Dies siehet der Landpfleger
Ganz mit Bestürzung an,
Daß er vom Schuldenträger
Kein Wörtlein hören kann,
Denkt der Gewohnheits Pflicht,
Wie er vom Hals-Gericht
Aufs Fest hat los gegeben
Schon manchen Bösewicht.
26.
Drum gibt er’s zu mit Fleiße,
Daß Jesus Sünder sei
Und denkt nach alter Weise
Ihn bald zu geben frei,
Er stellet Barabam
Bei unsern Bräutigam,
Kommt, sagt doch, wer soll leben,
Ihr Kinder Abraham.
27.
Des Richters Weib erkennet
Die Ungerechtigkeit,
So heilig wird genennet
Aus priesterlichem Neid,
Sie faßt sich einen Mut,
Will ihrem Mann zu gut,
Er soll sich nicht verschulden
An des Gerechten Blut.
28.
Seht was die Blinden-Leiter
Mit ihrer Kunst nicht tun,
Sie machen trüb was heiter
Und können doch nicht ruhn
Bis man in Israel
Verdammt Immanuel
Und einen Mörder wählet,
Zu würgen Leib und Seel.
29.
Pilatus will unschuldig
An diesem Blute sein,
Das Lämmlein ist geduldig
Und hört der Sünder Schrei’n
Mit einem frechen Mut:
Es komme all sein Blut
Auf uns und unsre Kinder,
So bind’t man sich die Rut.
30.
Das Urteil wird verfasset,
Daß Jesus sterben muß,
Wer’s recht bedenkt, erblasset
Bei diesem Todes-Schluß,
Man greift den Fürsten an,
Führt ihm zum Marterplan,
Man wollt die Unschuld geißeln,
Sehe, was die Bosheit kann.
31.
Nun kommt, ihr Jakobs-Kinder,
Kommt seht was soll geschehn,
Kommt alle her, ihr Sünder,
Kommt, wollt ihr Jesum sehn.
Allhier im Tränental
Steht er am Marterpfahl
Und will sich geißeln lassen
Aus Lieb für sein Gemahl.
32.
Wer hat dich überwunden,
Du ritterlicher Held,
Mit Stricken angebunden,
Zum Schauspiel dargestellt
Der Kriegsknecht geißelt dich,
Die Engel bücken sich
Und lassen dich von Sündern
Zerpeitschen jämmerlich.
33.
Nun muß die Dornen-Krone
Zu unsers Heilands Pein,
Aus Bosheit, Gott zum Hohne,
Mit Fleiß geflochten sein,
Auf unsers Bräutigams Haupt
Man spricht, was man nicht glaugt,
Jetzt nennt man einen König
Den man so hart gestäupt.
34.
Ihr Spötter, laßt euch sagen,
Den Purpurmantel trägt,
Der, den ihr habt geschlagen
Und ihn damit belegt.
Ja, spottet seiner hie
Und beuget eure Knie,
Ihr werdet noch empfangen
Den Lohn für eure Müh.
35.
Wie daß ihr nicht errötet
Vor dessen Angesicht,
Den man unschuldig tötet,
Ist dieses eure Pflicht,
Daß ihr ihn speiet an?
Was hat er dann getan,
Daß man in seinen Leiden
Ihn nicht g’nug schmächen kann?
36.
Ist dann nichts, das vergnüget
Das trotz’ge Sünder-Herz,
Das sich so spöttlich schmieget
Und treibet lauter Scherz,
Man deckt sein Angesicht,
Man schlägt ihn drein und spricht:
Weissage uns, o Christe,
Kennst du den Täter nicht?
37.
Ein Rohr wird ihm gegeben
In seine rechte Hand,
Den man allhier zum Leben
Nicht würdig hat erkennt,
Man nimmt’s ihm auch in Wut
Und schlägt mit frechem Mut
Ihm auf die Dornen Krone
Und macht sein Haupt voll Blut.
38.
Drauf wird das Lamm geführet
Den Wölfen vor’s Gesicht
Mit heil’gem Blut gezieret,
Doch Israel will nicht
Daß man die Wahrheit seh,
Drum steiget in die Höh,
Ein rufendes Getöne:
Kreuzige, Kreuzige!
39.
Pilatus und Herodes,
Die sonst einander feind,
Seh’n keine Schuld des Todes
Und werden drüber Freund,
Der Fuchs trieb Spötterei,
Der Richter geb gern frei,
Wenn nur die armen Juden
Nicht trieben solch geschrei.
40.
Wo bist du hingekommen,
Verwund’tes Gotteslamm?
Die Tat wird vorgenommen,
Man gibt den Kreuzesstamm
Den wunden Rücken hin,
Zum Tragen und zum Ziehn,
Doch bist du schon entkräftet
Und sinkst darunter hin.
41.
Ich seh auf Jesu Rücken,
Viel Geißel-Striemen stehn
Da sich das Lamm tut bücken
Und hin zum Tode gehn
Mit seiner schweren Last,
Die es hat aufgefaßt,
Das Kreuz, den Fluch der Sünde,
Verspottung, Hohn und Prast.
42.
Du gehst dem Tod entgegen
Zum Berge Golgatha,
Das Lösgeld abzulegen
Als unser Bürge da.
O sieh auf mich zurück
Mit einem wunden Blick,
Und gieb mir deinen Segen,
O aller Himmel Glück.
43.
Der schönste aller Schönen
Von göttlichem Geschlecht,
Der unter allen Söhnen
Und Töchtern bleibt gerecht,
Der Glanz der Herrlichkeit,
Das Licht der Gnadenzeit,
Die Sonne der Gerechten,
Der Engel Lust und Freud.
44.
Wird zwischen Übeltätern
Zum Galgenfeld geführt,
Wie Räubern und Verrätern
Und Mördern sonst gebührt,
Wie kommt es doch, daß man
Sich noch erthalten kann,
Von blut’gen Tränen weinen
Wenn man dies siehet an.
45.
Zwar sieht man Tränen fließen
Beim weiblichen Geschlecht
Dieweil sie sehen müssen
Daß man so ungerecht
Mit Gottes Sohn umgeht,
All seine Gunst verschmäht
Und seine teure Worte
Als Teufelei verdreht.
46.
Die Tochter Salems weinen
Weil sie den Schönsten sehn,
Wie’s aller Welt tut scheinen,
So früh zugrunde gehn,
Weil seinesgleichen man
Sonst nirgends finden kann,
Und er sich nicht vermehret,
Wie andere getan.
47.
Doch unser Bräut’gam stiftet
Nun eine bess’re Eh’,
Die nicht so sehr vergiftet
Durch bittres Sünden-Weh,
Gott baut aus seinem Leib
Ihm nun ein keusches Weib,
Die auch beim Kinder-Zeugen
Die reinste Jungfrau bleibt.
48.
Doch weil der Bräut’gam kennet,
Was zarte Liebe tut,
Hält er sich nicht getrennet,
Sein Haupt gefärbt mit Blut
Sieht leidsamlich zurück
Und tut noch einen Blick
Auf Jerusalems Töchter,
Und wünschet ihnen Glück.
49.
Spricht: Töchter, wollt ihr weinen,
So weint nicht über mich
Ach weinet über keinen,
Der so gelebt wie ich,
Wann er von hinnen geht,
Und mit mir wird erhöht.
So wird er Samen haben,
Der ewig nicht vergeht.
50.
Weint, weint ihr armen Sünder,
Ach weinet über euch,
Weint über eure Kinder,
Die dürrem Holze gleich,
Zum Feuer sind gespart;
Weil sie nicht von der Art
Wie meine grüne Reben,
Die Gott durchs Kreuz bewahrt.
51.
Fürwahr, fürwahr ich sage
Euch, die ihr mich seht heut,
Es kommen noch die Tage
Der großen Traurigkeit,
Worin man selig preist
Den jungfräulichen Geist
Der bei den Wollust Brüsten
Vorüber ist gereist.
52.
Die Brüste, die nicht säugen
Das Kind der Eitelkeit,
Die Leiber die sich beugen
Zum Kreuz mit Ledigkeit
In jungfräulicher Zucht,
Die sind’s, die Jesus sucht,
Und in den Ewigkeiten
Bringt ihrer Liebe Frucht.
53.
Nun laßt uns mit dem Samen
Der ew’gen Jungfrauschaft
In unsers Gottes Namen
Durch seines Vaters Kraft
Mit Jesu gehen fort
Dorthin zum Schlachtungsort,
Bis daß wir recht erblicken
Die sel’ge Himmels-Pfort.
54.
Was tut sich hier entdecken?
Es ist die Schädelstätt.
Wer sollte nicht erschrecken,
O König und Prophet,
O Gott und Menschen Sohn,
Sollst du der Sünder Lohn
Mit diesen zweien Mördern
Noch tragen gar davon?
55.
Ich seh nach Römer Weise
Das Kreuze legen hin
Und daß man dich mit Fleieße
Ganz nackend aud tut ziehn,
Da sieht man was die Welt
Von ihrem Schöpfer hält,
Was muß sie an dir sehen,
Das ihr so gar mißfällt?
56.
Unreine Hände fassen
Den heil’gen Leichnam an,
Man muß sie machen lassen
Vor Gott und jedermann.
Das Holz ist rauch und hart,
Der Rücken wund udn zart,
Doch wird er drauf geleget
Vor Gottes Gegenwart.
57.
Die Nägel und der Hammer
Sind auch schon bei der Hand,
Zu mehren Schmerz und Jammer
In diesem Marterstand,
Man treibt die Nägel ein,
So daß Herz, Mark und Bein
Mit Schmerzen wird durchdrungen,
Was könnt betrübter sein?
58.
Wie Isaak lag gebunden
Auf jenem Bund-Altar,
So wird das Lamm voll Wunden
Aufs Holz genagelt gar,
Mit Pein gerichtet auf,
Den schweren Leidenslauf
Recht schmerzlich zu erfüllen
In dieser Blutes-Tauf.
59.
Mein Herz, schau deinen Bürgen,
Erkenne seine Huld
Wie es sich lässet würgen
Für dich und deine Schuld
Wie Trauern, Spott und Pein
Und was kann grausam sein
Aus jedem Höllen-Winkel
Ihm dringt ins Herz hinein.
60.
Die Sonne kann nicht scheinen
Bei dieser bösen Tat,
Die sie zum Blute weinen
Schon lang gereizet hat.
Wei schwärzet sie ihr Licht,
So daß kein Zweifel nicht
Die Gottheit steht im Leiden,
Wie jener Heide spricht.
61.
Allein die Priester, Fürsten,
Die sind und bleiben blind,
Als die nach Blute dürsten
Und unersättlich sind.
Die Sonne leuchtet nicht
Und ihr vernünftig Licht
Will auch durchaus nicht sehen
Von allem was geschieht.
62.
Schau doch geehrte Freundin,
Du Tochter Abrahams,
Was macht die Welt, die Feindin,
Mit deinem Bräutigam?
Sag, herzest du denn Mann,
Den sie mit Fluch und Bann
So grausam überschüttet
Vor Gott und jedermann?
63.
Wer nun vorübergehet,
Wär’s gleich der ärmste Troft,
Der lästert, schändet, schmähet
Und schüttelt seinen Kopf.
Pfui dich, heißt es, wie fein,
Reißt du den Tempel ein,
Baust ihn in dreien Tagen
Und stirbst in Schmerz und Pein.
64.
Hilf dir nun selbst und zeige
Zu deiner Feinde Hohn,
Daß du vom Kreuz kannst steigen,
Wann du bist Gottes Sohn.
Der Hohenpriester Mund
Der Schriftgelehrten Grund
Der Ält’sten Weisheits-Dünkel
Stimmt auch zum Läster-Bund.
65.
Ihr Ausspruch scheint bedächtlich
Aus ihrem Schalkheit-Kram,
Die Rede klingt verächtlich
Vor unserm Bräutigam,
Seht, dieses ist der Mann,
Der andern Gut’s getan
Und kann sich selbst nicht helfen,
Das siehet jedermann.
66.
Ist er Israels König,
So steig Er nun herab,
Daß wir ihm untertänig
Verbleiben bis ins Grab,
Wir wollen Ihn alsdann
Im Glauben nehmen an,
Wann er sein Recht zur Krone
Hiermit erweisen kann.
67.
Er hat auf Gott vertrauet
Und sprach: Ich bin sein Sohn,
Wenn’s Gott nicht vor Ihm grauet,
So helf er Ihm davon.
Hat dies nicht einen Schein?
Seht, wie in Schmerz udn Pein
Der eine arme Schächer
Mit diesem Schluß stimmt ein.
68.
Wohlan, mein Herz, betrachte
Wie auch des Mörders Mund
Den Herrn der Welt verachte,
Zu lieb dem Läster-Bund
Der falschen Priester-Rott,
Spricht er mit Hohn und Spott:
Hilf dir und uns zugleiche,
Wann du gesalbt von Gott.
69.
Wer wird die Mutter brechen
In Schmerzen, Spott und Hohn?
Wer wird: Glück zu! Nun sprechen
Dem König Salomon?
Des andern Schächers Grund
Bringts Ölblatt in den Mund,
Rühmt unsers Königs Krone,
Umfaßt den Leidens-Bund.
70.
Er redet wie ein Wächter
Bei dieser Scheidungs-Pfort;
Bestrafet die Verächter
Mit wohl gewürztem Wort:
Er zu dem ersten spricht:
Und du fürcht’st Gott auch nicht
Da du doch bist verdammet
Mit uns vom Blut-Gericht.
71.
Und da wir Lohn empfangen
Für unsre Taten schwer,
Hat dieser nichts begangen
Das ungeschickt nur wär.
Merk, Seele, was geschieht,
Erkenntlichkeit bringt Licht:
Der Schächer lernet sehen
Was Caiphas siehet nicht.
72.
So blicket man durchs Gitter,
Wenn man sich schuldig gibt;
Und Gott erbarmt sich wieder,
Den man zuvor betrübt.
Man bringet in den Bund
Am Kreuz mit Herz und Mund,
Und hört der Weisheit Wunder,
Ins Herzens tiefstem Grund.
73.
Was macht den Schächer reden?
Sag, was muß ihm doch sein?
Das Wunder dre Propheten,
Es fällt ihm plötzlich ein,
Daß Rat und Hilf zugleich,
In Christi Königreich,
Aus diesem Kreuz-Tod grüne,
Als Jesse edler Zweig.
74.
Drum kehrt er sich von Herzen
Zu seinem Goel hin,
In Blut und Todes-Schmerzen,
Mit Lieb verliebtem Sinn
Gibt er dem Lamm die Ehr,
Spricht: Denke mein, o Herr,
Wann du kommst in dein Reiche!
O ja, das fällt nicht schwer.
75.
Dem Herzen, das schon träget,
Die Last der ganzen Welt,
Und sich so gern darleget,
Zum teuren Lösegeld;
Des Sünders reuend Herz,
Versüßt ihm schon den Schmerz,
Es kann sich nicht enthalten,
Es teilet Herz mit Herz.
76.
Und was die Herzen füllet
Fließt auch zum Mund heraus,
Der Wunsch wird bald erfüllet,
Der Bräut’gam eilt nach Haus.
Mit seiner werten Braut
Die Ihm am Kreuz vertraut.
Mit gleichem Schmerz und Wunden
Wohl dem, dem’s hier nicht graut.
77.
Heut! Heut! O seligs Heute!
So spricht des Königs Mund,
Fürwahr, fürwahr, ich leite
Durch diesen Leidensgrund
Dies Schaf ins Paradeis.
Ganz wunderbarer Weis’
Seht wie der Weinstock blühet
Bei blut’gem Todes-Schweiß.
78.
Der Kreuzesdorn bringt Rosen,
Und sticht doch immer fort,
Drum wissen die Ruchlosen
Von nichts als Grimm und Mord,
Der Zorn will sein gestillt,
Die Schrift muß sein erfüllt,
Gott geb gesalbte Augen
Zu diesem Marterbild.
79.
Des Hohenpriesters Bitte,
Für die so ihn getöt,
Stellt uns hier in die Mitte,
Das Wort der Majestät,
Das durch Verheißungs-Kraft,
Den Zorn hat weggeraft
Und auch nur armen Sündern
Ein neues Herze schafft.
80.
Wer kann dies Wunder schreiben,
Das sich hie meldet an?
Es muß versiegelt bleiben,
Noch heut vor jedermann,
Bis Geist und Blutes-Tauf,
Im Herzen siegelt auf
Den ew’gen Hohenpriester
In seinem Leidenslauf.
81.
Schau, Christus will eingehen,
Ins Heil’ge durch sein Blut,
Drum lässet er uns sehen,
Wer er das Opfer tut,
Ganz nackend, ohne Kleid,
Dann die Gerechtigkeit,
Hat den zum Lamm erlesen,
Der alle Lämmer weidt.
82.
Dort mußt sich Aaron kleiden,
Mit priesterlichem Schmuck,
Und Christus läßt im Leiden,
Sein ganzes Kleid zurück.
Die Kriegsknecht teilen hie,
Für ihre Schlachtungs-Müh,
Die Kleider, wie geschrieben,
Den Rock verlosen sie.
83.
Des Hohenpriesters Hände,
Sind angenagelt fest,
Die Arbeit eilt zum Ende,
Wenn man sich martern läßt.
O sel’ge Leidenspein,
Wer sieht dich gründlich ein,
Du Segen aller Dinge,
Die je geschaffen sein.
84.
Das Wort, so alles träget
In starker Gottheits-Kraft
Versorget und verpfleget
Mit Geist und Lebens-Saft,
Wodurch die ganze Welt,
Geschaffen und bestellt,
Daß sie im Wesen bleibet
So lang es ihm gefällt.
85.
Dies Kraft-Wort steht im Leiden,
Im Samen Abraham,
Für Juden und für Heiden
Als Priester, Fürst und Lamm,
Und leidet’s gern, daß man
Ihm antut was man kann,
Nur Galle in dem Essig
Nimmt es im Durst nicht an.
86.
Dies ist der Tag der Krönung
Für unsern Salomon,
Die ewige Versöhnung
Bringt unsers Königs Kron.
Die Überschrift gezeigt
Was alle Welt verschweigt,
Daß in drei Königreichen
Ihm Macht und Zepter weicht.
87.
Seht seine Schultern tragen
Die Herrschaft und das Reich,
Doch heimlich und mit Zagen
Sein Angesicht wird bleich.
Er ruft sein blasser Mund
In dieser Krönungsstund:
Wie hast du mich verlassen,
Mein Gott, mein Gott, jetzund?
88.
Da steht des Königs Mutter
Und siehet alles an,
Nebst unsers Bräut’gams Bruder,
Seht, was die Leibe kann.
Das Schlacht-Schaf sieht auf sie
Und auf den Jünger hie,
Den Lieben ihr zu schenken
Für ihre Schmerzens-Müh.
89.
Das Opfer eilt zum Ende,
Drum spricht der Held: Mich dürst,
Die blut’gen Sünder-Hände
Halten dem Friedensfürst
Den Schwamm mit Essig hin,
Die Unschuld trinket ihn,
So wird die Schrift erfüllet
Durch Jesu Leidens-Sinn.
90.
Den Geist tut er befehlen
In seines Vater Hand,
Der Leib läßt sich entseelen
Zum Opfer, wie bekannt,
Der Welt zu guter Nacht
Spricht er: Es ist vollbracht.
Er neigt sein Haupt und stirbet
Als Ritter in der Schlacht.
91.
Mein Herze, sei doch stille,
Nun kommst du weiter nicht,
Die reiche Gottes-Fülle
Wächst durch das Blut-Gericht.
O Wunder aller Zeit,
O Kraft der Ewigkeit,
Wer kann uns etwas sagen
Von der Verborgenheit?
92.
Wir sehen zwar die Zeichen,
Die äußerlich gescheh’n,
Wer kann den Sinn erreichen,
Wie alles zu versteh’n?
Erstaunen kommt uns an
Bei diesem Gottes-Mann,
Der sterbend konnt vertreiben
Der Sünden Fluch und Bann.
93.
Wie aber, wenn wir’s wagen,
Zu sammeln von der Sach,
Die wir nicht können sagen.
Wir tragen unsre Schmach
Vor jedermanns Gericht,
Daß wir es treffen nicht,
Doch wird uns können dienen
Das allerkleinste Licht.
94.
Der Vorhang muß zerreißen
Dem Allerheiligsten,
Die Ehre zu erweisen
Dem, der hinein wird gehn,
Nachdem er hat sein Blut
Vergossen, uns zu gut,
Kraft, Kleid und Leib gewaget,
In seinem Leidens-Mut.
95.
Die Felsen selbst versiegeln
Das Wort der Majestät,
Weil sie nicht mehr verriegeln
Den Schall, der durch sie geht,
Die Wiederbringungs-Kraft,
Die alles neue schafft,
Bricht nun durch alle Dinge,
Macht Bahn zur Leidenschaft.
96.
Wie bebt der Kreis der Erden,
Was muß in Gräbern sein,
Daß sie eröffnet werden?
Bricht Jesu Todes-Pein
Dann Riegel, Schloß und Tür
An Höll und Grab allhier,
So werden selbst die Toten
Bald wieder gehn herfür.
97.
Viel Heil’ger Leiber kommen,
Nachdem der Held im Streit
Dem Tod die Macht genommen,
Als dessen Sieges-Beut,
Mit den’ sie aufersteh’n
Und aus den Gräbern geh’n,
Sie lassen hin und wieder
In heil’ger Stadt sich sehn.
98.
Was soll ich weiter sagen?
O du, mein armes Herz,
Auf meine Brust zu schlagen
Mit Demut, Reu und Schmerz,
Wie jenes Häuflein tat,
Das zugesehen hat,
Wie Jesus ist gestorben,
Wär’s wohl der beste Rat.
99.
Da selbst die Felsen reißen,
Willst du noch härter denn,
Mein Herze, dich erweisen?
O das kann nicht bestehn.
Schau, wie’s dem Hauptmann geht,
Der bei dem Kreuze steht,
Als er mit seinen Dienern
Jesum bewahren tät.
100.
Er kann sich nicht enthalten,
Noch die, die mit ihm sind,
Sein Herz möcht ihm zerspalten,
Von Reu und Lieb entzündt,
Spricht er: Fürwahr ist’s wahr,
Das dieser Mensch fromm war,
Und Gottes Sohn gewesen,
Die Wunder machen’s klar.
101.
Die Freunden und Verwandten
Stehn noch von ferne dort,
Den Lieben und Bekannten
Wird Herz und Ohr durchbohrt,
Maria Magdalen
Maria und Salome
Die Weiber die ihm dienten
Mit ihrer Hab und Müh.
102.
Herz, laß uns auch hier bleiben
Bei unserm Osterlamm,
Das Eh-erlöbnis schreiben
Mit unserm Bräutigam,
In Schmerz und Todes-Pein,
Der Speer dringt schon hinein,
Da Herz der ew’gen Liebe
Wird bald eröffnet sein.
103.
Maria, die Betrübte,
Die große Sünderin,
Johannes, der Geliebte,
Sind nach des Bräut’gam Sinn.
Wer stellt sich ferner ein?
Mein Herze, sag nicht nein,
Die offne Seiten-Höhle
Wird Gottes Brünnlein sein.
104.
Johannes der beschreibet
Was er gesehen hat,
Was man ihm billig glaubet
Nach Gottes Wink und Rat;
Das Wasser und das Blut,
Das unserm Geist zu gut
Aus dieser Quelle fließt,
Wo unsre Liebe ruht.
105.
Nun kommt die Abendstunde,
Wer hat ein neues Grab?
Wer steht mit Gott im Bunde?
Wer nimmt den Leichnam ab?
O, das muß Joseph sein,
Ein Herz, das keusch und rein,
Ein Ratsherr der zum Bösen
Nicht hat gewilligt ein.
106.
Hier sieht man nichts als Wunder,
Ob man’s schon nicht versteht,
Wird doch der Liebes Zunder
Gar lieblich angeweht
Aus Jesu Leidenschaft,
Vom Odem seiner Kraft.
Der Anblick dieser Leiche
Bringt Geist und Lebenssaft.
107.
Den frommen Nikodemus
Zieht auch der Leibs-Magnet
Zu sein bei dem Begräbnis
Wo man zu Grabe geht,
Mit einem Menschen-Sohn,
Der auf dem höchsten Thron
Der Majestät soll sitzen
Und tragen Gottes Kron.
108.
Der Leichnam wird bewunden,
Wie man bei Reichen tut,
Man braucht bei hundert Pfunden
Von Spezereien gut,
Die Liebe hat’s getan,
Die Liebe nimmt es an,
Die Liebe will’s belohnen
Ins Himmels Kanaan.
109.
Man träget in die Erde
Den Weizen, daß er sehr
Dadurch vermehret werde,
Drum fällt es nicht so schwer,
So ist auch unser Herr.
Gestroben auf das er
Im Grab und Tod möcht zeugen
Ein himmelisches Heer.
110.
Doch trauern sehr die Seinen,
Weil sie verlassen sind,
Maria sucht mit Weinen
Den Herrn, bis sie ihn find’t.
Mein Herz, was machst denn du?
O weine auch dazu,
Bis Jesus in dir lebet,
Nach seiner Grabes Ruh.
Amen.
Hits: 141
Comments are off this post